Fast 35 Jahre ist es her, dass die innerdeutsche Mauer geöffnet wurde. Zum diesjährigen Tag der Deutschen Einheit besuchte die Ostritzer Partnergemeinde aus Sachsen die St.-Katharinen-Gemeinde Knesebeck. „Die langjährige Partnerschaft zwischen den Kirchengemeinden Knesebeck und Ostritz ist eine der schönen Geschichten, die sich in den letzten 35 Jahren nach der Wiedervereinigung und schon davor zugetragen hat“, sagt Patrick Haase, Pastor in Knesebeck und im Isenhagener Land.
Nicht erst seit der Wiedervereinigung besteht die Verbindung zwischen der Oberlausitzer Kirchengemeinde Ostritz und der St. Katharinengemeinde in Knesebeck. Was einst durch persönliche Begegnungen entstand, hat sich über Jahrzehnte zu einer lebendigen Freundschaft entwickelt. Heute sind es zunehmend auch Jüngere, die die Organisation und Gestaltung übernehmen – und so die Tradition der Einheit mit neuem Leben füllen.
Am Donnerstag begann das Begegnungswochenende mit einer feierlichen Taizé-Andacht in der Knesebecker Kirche. Kerzenschein und gemeinsames Singen sorgten für eine ruhige, spirituelle Atmosphäre – ein Moment der Verbundenheit zwischen Ost und West. Am 3. Oktober folgte der Besuch des Grenzmuseums Böckwitz, einem symbolträchtigen Ort, an dem ein gemeinsamer Gottesdienst mit Andreas Salefsky, Pastor im Ruhestand, gefeiert wurde. Unter dem Eindruck der Ausstellung über die innerdeutsche Grenze zwischen den einstmals geteilten Dörfern Zicherie und Böckwitz standen Themen wie Einheit und Freiheit im Mittelpunkt. Viele Teilnehmende erinnerten sich an die Zeit um 1989 und 1990 – und daran, wie unterschiedlich, aber doch miteinander verbunden die Lebenswege in Ost und West verlaufen sind.
Am Abend lud Patrick Haase zu einem Südafrika-Abend ein. Bei Bildern, Geschichten und kulinarischen Eindrücken aus seiner Heimat wurde viel gelacht, gestaunt – und auch gefragt: Wie lebt man in Südafrika? Was trennt Arm und Reich dort – und was trennt uns bis heute in Deutschland? Die Gespräche über soziale Unterschiede führten bald zu persönlichen Erfahrungen aus Ost und West. Noch heute gibt es Unterschiede in den Löhnen, in der Versorgung und Infrastruktur. „Wir können gemeinsam vorangehen“, fasste ein Teilnehmer die Stimmung zusammen, „Schließlich zeigt das die Geschichte Südafrikas. Da wo wir erinnern und die Vergangenheit nicht vergessen, da können wir uns auch versöhnen. Schließlich ist das der Weg in die gemeinsame Zukunft."
Ein Besuch in Wolfsburg, wo die Heilig-Geist-Kirche des finnischen Architekten Alvar Aalto, die Bonhoeffer-Kirche und die Christus-Kirche, eindrucksvolle Beispiele moderner Kirchenarchitektur, besichtigt wurden. Am Abend klang der Tag bei einem gemütlichen Beisammensein aus. Es wurde zu Gitarrenspiel gesungen, erzählt, gelacht – und über das gesprochen, was verbindet.
Der traditionelle Erntedank-Gottesdienst am ersten Oktobersonntag bildete den festlichen Abschluss des Wochenendes. Der Kirchraum war von Kindern und Erwachsenen geschmückt, sogar die Knesebecker Kitas hatten dieses Jahr mitgewirkt. Konfirmandinnen und Konfirmanden gestalteten den Altar, Jugendliche verteilten nach dem Gottesdienst selbstgemachte Marmelade aus der Gemeinde an die Gäste. In der Predigt wurde das Thema Gemeinschaft und Teilen aufgegriffen – passend zu Erntedank und zur Begegnung der beiden Gemeinden. Als Zeichen der Verbundenheit überreichten die Ostritzer einen Herrnhuter Stern, der künftig einen Platz in der Knesebecker Kirche finden wird.
Für 2026 haben die Ostritzer bereits zum Gegenbesuch eingeladen – wieder rund um den Tag der Deutschen Einheit. „Es war ein voller Erfolg“, resümiert Kirchenvorsteherin Elisabeth Schulze, „Dieses Wochenende hat gezeigt, dass unsere Kirche tatsächlich von dir und mir lebt – von Menschen, die Brücken bauen, über Grenzen hinweg."
Text: Patrick Haase, Foto: Rita Temme