Ein herzhaft-fröhlicher Nachmittag im St. Annen-Begnungshaus
Kinder -anders als Erwachsene – essen nicht so gern stundenlang. Deshalb gibt es nur ein paar Kekse, auch wenn man am Nikolaustag eigentlich ganz viele Süßigkeiten essen könnte. „Wir werden ganz viel gemeinsam spielen“, erzählt Stefanie Seeck, Koordinatorin des St. Annen Kinder- und Familienzentrums am Reislinger Markt in Wolfsburg.
Die Kinder, die Sozialpädagogin Seeck heute erwartet, leben in der Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Wolfsburg in der Dieselstraße. Dort gibt es einen offenen Treff, der von Nusrat Bushra betreut wird. Sie kommt heute mit Kindern und Jugendlichen ins Begegnungshaus.
„Alles quer Beet“, antwortet Stefanie Seeck auf die Frage, welche Nationalitäten im Begegnungshaus von St. Annen zusammenkommen. „Donnerstags sind viele ukrainische Familien hier, dann gibt es Kindertanzkurse, an denen viele Ukrainerinnen und ihre Kinder teilnehmen.“ Anschließend werde gebastelt oder bei gutem Wetter auf der Wiese vor dem Familienzentrum gespielt. Richtig viel los ist hier im Begegnungshaus, es geht zu wie im Taubenschlag. Im Vorraum stehen und liegen Kinderkarren, Puppenwagen, Roller, Räder, Klamotten – alles kreuz und quer durcheinander. Es sieht aus, als fühlten sich die Besucher:innen hier wirklich zuhause. Junge Mädchen sitzen auf dem Boden, schnattern und kichern, nur eine schmale Bahn bleibt frei für die, die kommen oder gerade fertig sind und gehen.
„Ich bin gespannt, wer heute zu unserer multikulturellen Nikolausfeier kommt. So richtig voll wird es immer kurz nach vier, dann schließt die Schule um die Ecke und die Schulkinder kommen auf’n Sprung vorbei.“ Traditionelle Spiele stehen heute auf Programm nach der Kurzfassung der Geschichte vom Nikolaus, dem Mann mit der roten Mütze. „Es gab ihn wirklich“, betont Stefanie Seeck. Aus einer reichen Familie kam er, und zwar aus der Türkei. Und er war später mal Bischof. „Ja, der hatte auch rote Kleider“, ruft Asma. Die 16-Jährige ist Syrierin und trägt ein Kopftuch. „Weil ich es will. Weil es meine älteren Schwestern auch machen. Meine Eltern sagen, ich muss das nicht machen!“
Vier Mädchen und drei Jungen sind heute gekommen, sie wurden in Afghanistan, in Syrien und in Georgien geboren. Der 8jährige Jack ist jeden Tag hier. „Einfach weil es mir Spaß macht.“ Und als Stefanie Steeb fragt, ob sie lieber Reise nach Jerusalem spielen sollen, oder Knete herstellen, überstimmt Jack die Mädchen lautstark. Die beiden anderen Jungs wollen eh‘ kickern. Der Geräuschpegel ist angeregt, man versteht kaum, wer was sagt. „Wie kann man Blau mischen?“, brüllt Sozialpädagogin Seeck ins Gewusel. Eine große Plastikdecke soll den Tisch schützen, denn jetzt kommen Lebensmittelfarben ins Spiel: Grün, Rot, Orange und Geld stehen zur Auswahl. „Für Blau brauchen wir Grün und Gelb“, ruft eines der Mädchen. Na‘ mal schauen, ob das klappt.
Zuerst bekommt jede/r eine halbe Tasse lauwarmes Wasser in die Schale, dazu kommt eine Viertel Tasse Salz. „Das bindet die Knete“, erklärt Stefanie Seeck. Dann kommt Sonnenblumenöl dazu, danach die die Lebensmittelfarbe. Zuletzt zwei Tassen Mehl für jede und jeden. „Gebt Gas, Jack zeigt euch, wie das geht!“ Attacke ist angesagt. „Ihr braucht dolle Kraft, als ob ihr jemanden kneifen wollt, so müsst ihr den Teig kneten.“
„Kneifen darf man nicht!“, ruft jemand. Ob das überhaupt irgendwer gehört hat? Es ist ohrenbetäubend laut und fröhlich im Begegnungshaus. Knete in verschiedensten Rot-, Gelb- und Grüntönen entsteht – nur das mit dem Blau hat nicht geklappt.
Beim Aufräumen fassen alle mit an und die Tische hätten mehr Plastikdecken gebraucht. Die Mädchen fangen an, mit den herumliegenden Hula-Hoop-Reifen zu spielen, jede will es besser machen als die andere. Und dann kommt das Beste: Negerkusswettessen. Großes Gedränge, alle wollen die Ersten sein. Zum Glück gibt es genug (…) – ach die heißen ja mittlerweile Schaumküsse! Schokoküsse darf man auch sagen. Als alle dran waren und noch zwei Schaumküsse übrig sind, sind Nusra und die Öffentlichkeitsbeauftragte an der Reihe. Also: hinsetzen, die Hände auf dem Rücken verschränken und das machen, was früher nie geklappt hat!
Am besten geht es, wenn der Schokokuss mit einem Mal im Mund landet. Gar nicht so einfach ohne Hände. So groß ist selbst bei großer Klappe der Mund dann doch nicht. Und als alles drin ist, wird’s noch mal schwierig: Es darf nichts wieder rausfallen.
Lange Zeit ist nicht für die, die erste Siegerin sein möchte. Runterschlucken dauert eindeutig am längsten, da muss man richtig Druck machen. „Du bist wie ich!“, ruft ganz begeistert Asma. Das feuert an: Nusra, die zweite Siegerin und Frauke, die erste Siegerin, die früher immer die Looserin war beim Schokokusswettessen, geben alles. Dass so ein Schokokuss echt lecker ist, merkt man leider im Eifer des Gefechtes nicht.
Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis / F. Josuweit