Neue Prädikantinnen im Kirchenkreis: Dagmar Wünsch-Duensing und Angelika Behling
Die Buffetliste ist lang: Eine DIN A4-Seite vollgeschrieben mit Leckereien. Wer wo stehen soll, ist noch nicht klar. Die Band ist engagiert, die Solosängerin auch, die Kleiderfrage – Talar oder kein Talar? – entschieden, das Kolloquium mit der dreiköpfigen Kommission, der auch der Lüneburger Regionalbischof Stephan Schaede angehörte, ist erfolgreich absolviert, eine Hälfte der Predigt geschrieben. Ausgerechnet über Paulus, der forderte, das Weib solle schweigen in der Gemeinde.
„Die scheinen reich gewesen zu sein, die Frauen. Die Mädels haben das göttliche Wanderprojekt unterstützt. Nicht die Kerle, die armen Fischer“, weiß Angelika Behling. Sondern die Frauen. Die aber gar nicht genannt würden. Frauen seien auf den ersten Blick eher Randgestalten in biblischen Erzählungen. Angelika Behling beschäftigt sich schon länger mit Maria-Magdalena, auch in ihrer Einführungspredigt als Prädikantin, die sie gemeinsam mit Dagmar Wünsch-Duensing halten wird.
Ein fröhliches Fest soll es werden: Gottesdienst, Kirchenführung durch Konfi-7-Kinder, ein super-reichhaltiges Buffett, ein Charity-Markt und ein Bücherflohmarkt, 4 Kilogramm Waffelteig, eine Feuerstelle mit der Möglichkeit, dort Stockbrot zu backen und hoffentlich vielen Menschen, die Lust haben, endlich wieder miteinander ins Gespräch zu kommen.
„Für mich ist es ein Fest, weil ich meine Ausbildung abgeschlossen habe. Offiziell geschafft. Das war ein langer Weg, jetzt kommt der krönende Abschluss“, freut sich Dagmar Wünsch-Duensing, die im bürgerlichen Beruf Ärztin ist. Nicht alle, die sich für die Ausbildung zum Prädikanten, zur Prädikantin bewerben, erhalten auch die Chance dazu. 12 Wochenenden binnen zwei Jahren umfasst die Ausbildung, Dagmar Wünsch-Duensing hat sie in Hildesheim absolviert. Begleitet werden die angehenden ehrenamtlichen Prediger:innen durch eine Mentorin oder einen Mentorin, Theolog:innen, die während der Ausbildung zur Seite stehen.
Selbständig Abendmahl austeilen dürfen
Wünsch-Duensing und Behling haben denselben Abschluss gemacht, aber ihn auf ganz unterschiedlichen Wegen erreicht. „Der Prädikant:innenkurs für Diakon:innen ist deutlich kürzer“, erklärt Angelika Behling. Drei Wochenenden sind es für die Gemeinde- und Religionspädagog:innen, die bereits theologisch ausgebildet sind. Auch die Diakon:innen werden durch Mentor:innen begleitet. „Das Prädikantin-Sein ist eine Erweiterung meines Berufes. Ich freue mich sehr darauf, selbständig predigen und das Abendmahl austeilen zu dürfen.“ Kasualien - taufen, trauen, beerdigen – bleiben weiterhin den Pastorinnen und Pastoren vorbehalten, Nottaufen ausgenommen, die jede Christin und jeder Christ durchführen darf.
Die Motivation, Prädikantin zu werden, und damit Gottesdienste nicht ausschließlich in der eigenen Gemeinde verantworten zu dürfen, ist vielschichtig. Dagmar Wünsch-Duensing war bereits zwei Jahre Lektorin in ihrer Heimatgemeinde Ehmen, eine Voraussetzung dafür, überhaupt Prädikantin werden zu dürfen. Die 52-Jährige durfte als Lektorin vorgefertigte Lesepredigten halten. „Das war nicht authentisch. Ich wollte einfach mehr wissen, mich intensiver mit dem Glauben, auch mit meinem Glauben beschäftigen.“
Jetzt darf sie selbständig predigen, anderen Orientierung nicht nur im Glauben geben. Halt geben, Trost vermitteln. Eine Anforderung, die sie in ihrem Berufsalltag als Ärztin tagtäglich erlebt. „Wenn ich mir sicher bin, wenn ich Worte finden kann für das, was ich glaube, dann kann ich es anderen auch weitergeben.“
Glauben fröhlich weitergeben
Den Glauben weitergeben dürfen ausnahmslos alle evangelischen Kirchenangehörigen, Stichwort Priestertum aller Gläubigen, Luthers Freiheit aller Christenmenschen – wer es begriffen hat, darf es auch anderen sagen. „Ich habe begriffen, dass ich eine Resilienz dem Leben gegenüber brauche. Die Pandemie und jetzt der Krieg haben mir das sehr deutlich gemacht.“ Angelika Behling-Behling ist in den 1960er Jahren geboren, aufgewachsen in den 1980er Jahren, der kalte Krieg schien überwunden. Jetzt mitzuerleben, was jetzt gerade mal tausend Kilometer entfernt geschieht, brauche Stärke und Halt. „Jeder Tag zählt! Wir sollten die Freude am Leben nicht vergessen. Mein Glaube gibt mir die Kraft und die Fröhlichkeit dazu.“
Gemeinde als Ort offener Willkommenskultur
Glaubensfröhlichkeit und Menschen beim Leben zu helfen sind also auch Motivation, Prädikant:in zu werden. Für beide Frauen. Die Ausbildung haben sie zwar zeitparallel, nicht aber gemeinsam absolviert, in der Gemeindearbeit sind sie seit vielen Jahren gemeinsam aktiv. „Als ich vor etwa elf Jahren hierhergekommen bin, habe ich bei einer Kirchenvorsteherin an der Tür geklingelt. Dagmar Wünsch-Duensing, die dort gar nicht wohnte, machte mir die Tür auf, strahlte mich an und sagte ‚schönen guten Tag, herzlich willkommen!‘.“ Nun werden beide gemeinsam von Superintendent Christian Berndt als Prädikantinnen eingeführt.
Angelika Behling wird überwiegend hauptamtlich in der Region Süd-West, Ehmen, Fallersleben-Sandkamp, Mörse, Sülfeld, Wettmershagen damit tätig werden – sie möchte andere befähigen, Gottesdienste selbst zu gestalten und in ihrem Glauben sprachfähig zu werden. Dagmar Wünsch-Duensing steht als Prädikantin für Anfragen aus dem gesamten Kirchenkreis zur Verfügung. „Dagmar, die Predigt mache ich noch fertig und auch den Plan, wer wo steht“, verabschiedet sich die Diakonin Behling, rafft ihre Taschen zusammen und läuft zur St. Ludgeri-Kirche, wo bereits Konfirmand:innen auf sie warten.
Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis / F. Josuweit