Zu Gast: Kirchenrebellen Chris und Max

Nachricht 20. Dezember 2023
Foto: Kirchenkreisöffentlichkeitsarbeit
Danke an Christopher Schlicht und Maximillian Bode von Superintendent Christian Berndt

Wenn zwei junge Pastoren in bunter Kleidung mit dem Skateboard durch die Kirche sausen und Gottesdienste am liebsten social-media-konform digital feiern, bleibt Kritik nicht aus. „Wir durften weitermachen, weil wir Menschen erreichen“, sind sie sich sicher.

"Gebt uns eine Herausforderung" lautete vor vier Jahren der Wunsch von Max und Chris, die als Pastoren-Berufseinsteiger nach dem Vikariat gemeinsam arbeiten und sich eine Stelle teilen wollten. „Heute weiß ich: Be carefull what you wish“, sagt Max. Denn der Wunsch nach einer Herausforderung wurde umgehend und umfänglich erfüllt: Die Landeskirche schickte die beiden in einen Stadtteil Bremerhavens. Ein Klassisch-sozialer Brennpunkt. „Das war der entkirchlichste Stadtteil der gesamten Landeskirche“, erinnert sich Max. Eingeladen hatte der Kirchenkreis die beiden jungen Pastoren zur Kirchenkreiskonferenz.

‚Einfach den Seniorennachmittag weitermachen, das reicht nicht‘, sagte ihr Regionalbischof, als Chris und Max sich dafür entschieden hatten, das Angebot der Landeskirche anzunehmen. Der hätte die beiden vermutlich, wenn nicht die neue Kirchenverfassung ausdrücklich eine pluralere Kirche anstrebte, gleich in den ersten Dienstmonaten mehrfach zum Gespräch einbestellt. Nicht wegen ihren äußeren Erscheinungsbildes mit Tatoos, bunten Haaren und bunten Klamotten, sondern weil sie auch an ihre Arbeit eher unkonventionell herangegangen sind.

Was wünschen sich die Menschen in Bremerhaven-Geestemünde? „Wie sollte eure Kirche sein?“ ist die Grundeinstellung, mit der sie Menschen und ihrer Arbeit begegnen. Klar, es muss eine Kirche sein, die auch zu ihnen als Pastoren passt, eine Kirche, die selbst gern hätten. Ein Ansatz, der Freiraum und Freiheiten brauchte. „Wir durften weitermachen, weil wir Menschen erreichen“, ist sich Chris sicher. Pop und Soul im Gottesdienst? Warum denn nicht, wenn es die Kirchenmusikerin gern möchte. „Im zweiten Gottesdienst hatten wir die erste Live-Band dabei.“ Ja, die beiden erreichen Menschen. Wachsend gegen den Trend ist ihre Gemeinde dennoch nicht, auch wenn es Kircheneintritte gibt.

Auch wenn die beiden mit Skateboards durch die Kirche fahren und mit der ‚Zuhause-Kirche‘ Gottesdienste digital und social-media-konform feiern, ist eins mal klar: „An der christlichen Botschaft, am Evangelium, an der Frohen Botschaft rütteln wir nicht!“ Sie machen andere Gottesdienste, feiern aber dennoch „für den Gemeindefrieden“ alle zwei Wochen ganz klassisch. Präsenz statt Repräsentation, Zusammenarbeit im Stadtteil, mit Sozialraumpartnern, mit Chorprojekten und Familienzentren, das ist ihr Credo. „Nichts von dem, was wir hier machen, ist neu, das haben kluge Köpfe bereits vor 50 Jahren geschrieben.“ Nicht alles, was die beiden ausprobiert haben, hat auch funktioniert. „Manches ist in die Hose gegangen.“

Bei allem Erfolg, Kritik gibt es gleichwohl reichlich, wenn auch nicht zwingend aus der eigenen Gemeinde. Chris und Max haben Strategien entwickelt, um damit gut umgehen zu können. Das Rezept lautet im Wesentlichen: Fokus und Käppis shoppen. „Richte Dein Augenmerk auf das, was Dir gut tut und Dir hilft!“, sagt Chris, der sich nach jedem Wut-Telefonat ein neues Käppi gegönnt hat. 35 seien es mittlerweile, wie viele Telefonate dafür nötig waren, verrät er nicht.

Dass sie Menschen erreichen, die vorher mit Kirche nicht in Berührung kamen, liegt vielleicht auch daran, dass sie sozusagen Sicherheitsabstand ermöglichen. Der erste Schritt: Normalotest-Fragen bei persönlichen Begegnungen bestehen. „Abwegige Fragen, die wir dann genauso abwegig beantwortet haben. Und danach haben uns diese Menschen das gefragt, was sie wirklich wissen wollten.“ Vor allem die Social-Media-Arbeit aber war es, die es vorsichtig Interessierten ermöglicht habe, erste Kontaktversuche zu wagen. „Es geht darum, Unsicherheit zu überwinden, vielleicht sogar auch Scham zu überwinden.“ Max und Chris haben bei Instagram & Co. aus ihrem Alltag erzählt, abends beim Pizzaessen und bei anderen Gelegenheiten. Niedrigschwellig, normal eben. „Und mit geschickter Kontroverse platzieren wir dabei ganz nebenbei christliche Inhalte“, sagt Max.

Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis / Frauke Josuweit

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Weitere Informationen

Christopher Schlicht und Maximilian Bode arbeiten seit Sommer 2020 im ersten Teampfarramt der Hannoverschen Landeskirche in der Emmausgemeinde in Bremerhaven. . Beide gehören zum Contentnetzwerk christlicher Influencer www.yeet.de, um bei jungen Menschen Interesse an Themen rund um den Glauben zu wecken.

Sie machen einen Podcast unter dem Titel ‚Liebe, Altaar‘ und betreiben auf dem Portal kopphoch.de Seelenpflege online. Bei Instagram findet man sie unter @zuhausekirche, @wynschkind und @pynk_pastor.

Ihr Buch ‚Kirchenrebellen – Wir bringen Leben in die Bude‘ ist im bene-Verlag erschienen.