Hoffnungsperspektiven anstiften

01. Oktober 2021

Neuer Regionalbischof besucht den Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen

Stephan Schaede hat die zehn Kirchenkreise seines Sprengels mit dem E-Bike besucht. Sprakensehl war die letzte Station seiner Kennenlern-Tour durch den Sprengel Lüneburg. Der Vorteil des zweirädrigen Reisemittels sei, dass es intensive Begegnungen mit Landschaft und Natur ermögliche. Intensiv waren auch die Gespräche mit dem promovierten Theologen im Kolleg:innenkreis, geprägt von viel Offenheit und gegenseitiger Aufmerksamkeit.

 

Herr Dr. Schaede, was ist Ihnen heute Morgen auf der Fahrt nach Sprakensehl besonders aufgefallen?

Regionalbischof Schaede   Kurz vor meiner Ankunft sehe ich ein Schild mit der Aufschrift ‚digitale Region‘ in einem Ort mit drei Gehöften. Das hat mir gefallen, auch wenn die Zukunft der Kirche nicht allein digital sein kann. Wir brauchen ebenso die präsentischen Angebote, denn die Mitmenschlichkeit Gottes kommt über alle Kanäle.

Auch ländliche Räume können sehr vital sein und von Gemeinsamkeit leben. Da muss man nicht depressiv werden und sagen, wir verschwinden. Sondern mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren das entwickeln, was gut ist. Das muss man aber gemeinsam machen, das muss man anstiften – Hoffnungsperspektiven anstiften. Dafür sollten wir in den Kirchen eigentlichen Experten sein. Belastbare Experten, nicht solche, die rumschwätzen.  


Welche Themen sind Ihnen besonders wichtig?

Regionalbischof Schaede   Wir dürfen nicht nur von nachhaltigem Mobilitätswandel und Klimatransformation reden, wir müssen sie auch mitbetreiben, als Kirche selbst leben. Das tun wir auch bereits, angefangen bei Heizungssystemen, was bei unserem alten Gebäudebestand nicht immer einfach ist. Es gibt aber auch klimapolitischen Druck auf die Formen unserer Gottesdienstgestaltung. Große Kirchen, die dicht an dicht stehen, müssen wir nicht alle aufheizen – wollen wir da nicht lieber gemeinsam auf einen Konzentrationsweg gehen? Ich möchte Menschen ganz unideologisch dafür gewinnen, mitzumachen und Gepflogenheiten zu ändern, um nachhaltiger zu werden.

Die Kernaspekte des christlichen Glaubens möchte ich stärker nach vorne bringen. Ich bin überzeugt, dass sie für viele Menschen auch heute noch attraktiv sind. Sie wissen es vielleicht nicht, weil sie damit kaum noch in Berührung gekommen sind. Wenn es sehr vitale kirchliche Orte gibt, sollten wir dafür sorgen, dass die bleiben können.


Veränderungsprozesse geschehen selten, ohne Verletzungen zu erzeugen. Wie können wir als Kirche damit gut umgehen?

Regionalbischof Schaede    Mir ist wichtig, das nicht nur mit einem Kopfnicken wahrzunehmen, sondern genau hinzuhören. Was sind es für Verletzungen? Ich möchte an diese Orte gehen und es mir nicht nur von Lüneburg aus anschauen. Dennoch werden wir nicht umhinkommen, den einen oder anderen alten Zopf in der kirchlichen Arbeit abzuschneiden. Das ist hart für die Betroffenen, aber wir können es uns nicht mehr leisten. Für wen wollt ihr da sein – wenn diese Frage gestellt wird, passiert ganz viel.

Wenn Menschen aus der Kirche austreten, müssen wir auch deutlich machen, dass vieles dann eben nicht mehr möglich ist. Austreten und dennoch das Kind taufen lassen wollen – das wird nicht funktionieren. Wir müssen sagen: Wenn ihr wollt, dass es noch kirchliches Leben gibt, dann müsst ihr auch solidarisch bleiben. Und noch empfindlicher ist ein anderes Problem: Wir haben nicht genug Nachwuchs. Darum müssen wir uns jetzt kümmern und junge Menschen gewinnen!


Wie sieht Ihr Alltag als Regionalbischof aus?

Regionalbischof Schaede    Jeden Tag anders. Es ist sehr abwechslungsreich. Formal ist es meine Aufgabe, für den Zusammenhalt im Sprengel zu sorgen. Wenn es zu Konflikten kommt, ist meine Aufgabe, zu verstehen, was dort passiert und zu beraten, wie das gelöst werden kann. Die Entwicklung der Kirche zu unterstützen, gehört zu meinen Aufgaben und die Vermittlerfunktion von der Ebene des Sprengels und der Kirchenkreise zur landeskirchlichen Leitung. Ich verstehe es als meine Aufgabe, Menschen, die in der Kirche haupt- oder ehrenamtlich arbeiten, zu unterstützen und ihre Ambitionen zu verstärken. Und gelegentlich auch mal ein klares Wort zu sprechen und damit möglicherweise anzuecken.


Die Kolleginnen und Kollegen begegnen Ihnen mit großer Offenheit, was bedeutet das für Sie?

Regionalbischof Schaede    Das ist eine große Verantwortung, die ich da spüre. Ich bin nur ein Rad im Gesamtgetriebe, aber ich überlege mir sehr gut, was ich mit all dem, was mir jetzt entgegenbracht wurde, tue. Wo kann ich das etwas ankurbeln, diese Frage stelle ich mir oft.

Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis / Frauke Josuweit

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