Plan B: Aufgeben ist keine Option

Nachricht 10. Dezember 2025
Foto: KK-Öffentlichkeitsarbeit
"Ich gucke hier aus dem Fenster und sage immer: solange die da steht, kann es nicht so schlimm werden."

KI erfindet jede dritte Antwort, Litauen meldet Eindringen von russischen Flugzeugen, Tests von neuer Atomrakete laut Putin abgeschlossen, Gletscherschmelze in den Schweizer Alpen nimmt rapide zu, Außenminister will sofortige Wehrpflicht, Trump will Zölle weiter erhöhen, Börsen halten die Luft an, Rekordanstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre, Vogelgrippe breitet sich aus – wer Tagesschau guckt, kann kaum zuversichtlich bleiben.

 

„Zuversicht katalysieren, das ist eine Aufgabenbeschreibung von mir. Damit halte ich mich auch selbst aufrecht.“ Angelika Behling ist Diakonin, ihre Lieblingsaufgabe ist: Jugendliche stärken. Sie resilient machen, zur Eigeninitiative bewegen, ihnen Bildung ermöglichen, denn Kinder werden stark durch Wissen. Das lebendig zu vermitteln, ist der 58-Jährigen wichtig. „Ich kann beispielsweise beeinflussen, dass sie wissen, wie man sich gegen Drogen wehrt.“ Also bietet sie Präventionsschulungen gemeinsam mit der Drogenberatung an. 

"Ich kann die große Weltpolitik nicht ändern"

Oder: „Wir müssen wissen, wo wir herkommen.“ Also fährt sie mit Jugendgruppen nach Berlin, besucht mit ihnen den Story Bunker, der zeigt, wie ein moderner, fortschrittlicher und kultivierter Staat in kürzester Zeit in Barbarei versinken kann, die in kaum vorstellbarer Brutalität und einem Völkermord gipfelt. Und danach geht‘s ins Futurium, wo sich alles um die Frage dreht: Wie wollen wir leben? „Ich kann die große Weltpolitik nicht ändern, ich kann nicht zu Herrn Trump gehen. Ich kann aber hier vor Ort sensibilisieren.“ 

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„Gott lässt uns mehr Freiheiten, als wir es uns wünschen.“
Angelika Behling ist seit 2011 Diakonin für Kinder- und Jugendarbeit zunächst nur in Ehmen, seit 2020 in den Gemeinden Ehmen, Fallersleben-Sandkamp, Mörse, Sülfeld und Wettmershagen.

Angelika Behling spricht von Zuversicht, Peter Kassel sagt: „Ich bin ein hemmungsloser Optimist. Ich gebe nie auf.“ Der Ehmer Kirchenvorsteher ist vermutlich der Dienstälteste seiner Art im Raum Wolfsburg, ganz sicher aber ist er dienstältester Ortsbürgermeister in Wolfsburg. „Wir kommen aus einer Zeit, in der wir behaglich eingerichtet waren.“ Und jetzt: Komplikationen, die seit mindestens einer Generation niemand mehr kenne. „Damit muss man erst mal lernen umzugehen. Wir haben dafür gar keinen inneren Kompass. Jetzt stellt sich heraus: Freiheit ist immer auch Verantwortung.“ Denn Freiheit bedeute nicht: Jeder macht, was er will. „Jeder muss auch bereit sein, seinen Teil in die Gemeinschaft einzubringen. Ich möchte Menschen bewegen, sich für die Gemeinschaft einzubringen.“ 

Viel mit Menschen im Gespräch sein, Menschen immer wieder einbinden, dass treibt auch Angelika Behling an. Im Team geht vieles besser, kein Mensch lebt für sich allein. Und Zuversicht, die geht auch nicht allein. „Jesus ist eben nicht allein unterwegs gewesen. Glauben geht nicht allein, Gemeinde auch nicht. Und der Kern der christlichen Zuversicht ist, dass Gott immer bei uns ist.“

Macht als gemeinsamer Weg

Gott immer bei uns? Auch in Zeiten wie diesen? Oder in noch mehr Finsternis? Manchmal kaum vorstellbar, zumindest dann nicht, wenn man Gott nicht für einen wildgewordenen Rächer hält, der seine Macht nutzt, um seinen Willen durchzusetzen. 

Macht kann gewinnbringend, dem Gemeinwohl dienend, eingesetzt werden. Sie kann aber genauso auch missbräuchlich genutzt werden. „Ich verstehe Macht nicht als Instrument eines Einzelnen. Ich suche immer das Team und einen gemeinsamen Weg. Qua Amt habe ich keine Macht. Ich kann als Ortsbürgermeister nackt auf Händen durchs Rathaus stolzieren. Das beeindruckt aber keinen Menschen.“ Peter Kassel versteht sich nicht als Basta-Bürgermeister. „Ich habe eine Idee und denke dann darüber nach, wie ich mein Ziel mehrheitsfähig machen und erreichen kann.“ Macht also als Gestaltungskraft, um vor Ort etwas zu erreichen, wo von vielleicht nicht alle, aber eben doch möglichst viele profitieren. 

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„Ich habe den Eindruck, viele sehen nur sich und ihr ganz persönliches Umfeld.“   
Peter Kassel ist seit 1996 in Ehmen Ortsbürgermeister. Noch etwas länger ist er Kirchenvorsteher der St. Ludgeri-Gemeinde Ehmen, 35 Jahre sind es demnächst.

Es gibt im christlichen Glauben das Leben nach dem Tod, das himmlisch sein soll. Dass nicht alles vorbei ist, wenn das irdische Leben vorüber geht. „Das Jenseits ist für mich eigentlich gar nicht von Belang. Denn der Himmel geht eigentlich mitten durch uns selbst hindurch“, ist sich Angelika Behling sicher. Heute. Jetzt. In jedem Moment. „Wo man die Menschen, das Leben, die Dinge nur vorsichtig anguckt, zeigt sich schon ein wenig vom Himmel. Wenn wir uns nämlich so verhalten, wie man sich im Himmel verhalten würde: mitfühlend, wertschätzend.“ 

"Respektlosigkeit gibt autoritären Typen Aufwind"

Wertschätzung, gar Respekt – das ist nichts, was heute noch hoch im Kurs steht. „Dadurch, dass wir als Gesellschaft Respekt gegenüber Menschen und Dingen verlieren, bekommen autoritäre Typen Auftrieb“, beobachtet Peter Kassel. Politik interessiert den Ehmer Bürgermeister seit frühester Jugend. „Fragen Sie die Alten im Dorf, die erzählen immer, ich hätte bereits mit 10 gesagt: Ich werde mal Bundeskanzler.“ Das hat nicht funktioniert, aber Kassels Optimismus hat es keinen Abbruch getan. Die Antwort liegt vor Ort. 

„Ich gucke hier aus dem Fenster. Und ich sage immer: Solange die da steht, kann es nicht so schlimm werden.“ Die da, das ist die Ehmer Kirche. Solange die Kirche steht, kann es nicht so schlimm werden. „Ich weiß nicht, wie das gekommen ist“, antwortet Peter Kassel auf die Frage, wie er zu seinem Gottvertrauen gefunden habe. 50 Meter hinter selbiger Kirche geboren und aufgewachsen, die meisten Lebensjahre, vom Studium in Bayern mal abgesehen, hat er um diesen Kirchturm herum gelebt. „Das Gottvertrauen ist über die Jahre gewachsen. Meine Einstellung zur Kirche hat sich deutlich gewandelt. Manchmal gehe ich in unsere Kirche und sitze einfach da.“

Gott ist einladend - nicht kleinkariert

Glauben, zweifeln, nicht glauben – für Angelika Behling gehören alle zur Gemeinschaft. Auch zur kirchlichen Gemeinschaft. „Vielleicht ist Gott ja viel weniger kleinkariert, als wir denken.“ Am Ende aller Zeiten, wenn wir möglicherweise zur Verantwortung gezogen werden oder das Revue passieren lassen, was wir im Leben getan oder auch nicht getan haben, steht für die Diakonin und Prädikantin ein einladender Gott, der nicht unterscheidet zwischen denen, die geglaubt haben, und denen, die aus welchen Gründen auch immer nicht geglaubt haben. „Warum habt ihr euch das eigentlich so schwer gemacht? Kommt doch jetzt einfach alle her zu mir.“

Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis / F. Josuweit

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Evangelisches Magazin

'Plan B' entstand ursprünglich für den Südwester, das Evangelische Magazin für Ehmen, Fallersleben/Sandkamp, Mörse, Sülfeld und Wettmershagen. 

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