Einfach mal tanzen hilft

Nachricht 20. Juni 2025
Foto: KK-Öffentlichkeitsarbeit / F. Josuweit
v.li.: Karsten Piehl, Leiter der diakonischen Einrichtungen und Dienste im Kirchenkreis, Imke Banse und Superintendent Christian Berndt (Foto: KK-Öffentlichkeitsarbeit / F. Josuweit)

Kirchenkreis verabschiedet Sozialarbeiterin Imke Banse 

Acht Jahre Flüchtlingssozialarbeit, sieben Jahre allgemeine Sozialarbeit im Nordkreis – Imke Banse versteht ihren Beruf als Mutmacherin und Hoffnungsstifterin. „Unsere Sozialarbeit ist eine wichtige Brücke zwischen Kirche und Gesellschaft. Kirche ist gut beraten, das nicht aufzugeben“, sagt die 58jährige, die am 1. Juli zu neuen beruflichen Ufern aufbricht. Menschen ernst nehmen, in Krisenzeiten stabilisieren und Lösungswege finden, gehört zu ihren wichtigsten Aufgaben. Wir haben mit ihr über ihre Erfahrungen gesprochen.


Sozialarbeit ist Beziehungsarbeit – was genau machst Du in Deinem Beruf?

IMKE BANSE   Menschen, die zu mir kommen, wissen nicht weiter. Nichts ist schlimmer, als wenn Du denkst, ich kann nicht mehr. Der erste Step meiner Arbeit in der Sozialberatung ist immer, Handlungsmöglichkeiten zu finden. Das gibt Hoffnung. Ob es Fragen zu Sozialleistungen geht, um den Verlust der Wohnung oder Alkoholprobleme in der Familie. Menschen Mut zu machen, das ist der Kern meiner Arbeit. 

Zu Dir kommen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Was ist Dein wichtigstes Handwerkszeug?

IMKE BANSE   Eine wertschätzende Haltung gegenüber Menschen in allen Lebenssituationen. Schubladen zu lassen! Ich bin keine Therapeutin, die die Vergangenheit aufarbeitet. Ich bin die, die nach vorne gehen will. Ich will Türen öffnen. Ich bin Potentialforscherin. Beziehung und Wertschätzung, das ist das Herz in meiner Arbeit. ‚Ich gehe nicht zur Kirche, ich bin auch nicht gläubig, aber Du bist für mich Kirche‘, das höre ich oft von den Menschen, die zu mir kommen. 

Es geht also um ganz lebenspraktische Dinge…

IMKE BANSE   …ja, denn wir haben hier im Nordkreis nur wenige Anlaufstellen, beispielsweise vom Landkreis. Wenn Du Probleme mit dem Sozialamt hast, musst Du Dich ans Sozialamt wenden. Die Wittinger Tafel oder auch das Sozialkaufhaus Henry, die helfen auch sehr. Aber gerade Menschen mit Migrationshintergrund haben keine Anlaufstelle. Für viele ist auch die zunehmende Digitalisierung eine Katastrophe, das spaltet die Gesellschaft. Auch wer ein schickes Smartphone hat, kann oft nicht mehr als telefonieren und WhatsApp schreiben. Banken, Krankenkasse, Versicherungen – viele Verwaltungsabläufe laufen digital. Du musst ein Handy haben, das up-to-date ist, mit genügend Internetvolumen. Das alles kostet Geld, das sich nicht jeder leisten kann.

Die Liebe zum Menschen ist unerlässlich in Deinem Beruf. Was oder wer hat Dich geprägt?

IMKE BANSE   Einer der prägendsten Menschen im beruflichen Kontext war ganz klar Frank Breust! Er ist für mich der Mutmacher schlechthin. Er hat die Liebe zum Menschen ganz unbedingt und das hat er mir vermittelt. Er hat mich nach meinem Studium zur Sozialarbeiterin ausgebildet. Hinzu kommt: Lebens- und Berufserfahrung. Und meine Kolleginnen in der Flüchtlingssozialarbeit. Mit der Flüchtlingswelle 2015 haben wir so viel gelernt. Das war eine tolle Zeit, es kamen so viele Ehrenamtliche. Wir wussten damals nicht, wie man ein Migrationscafé aufbaut oder einen Asylantrag stellt. Wir haben es einfach gelernt, indem wir es gemacht haben. Wir waren alle zusammen, wir wollten das lernen. Gemeinsam mit den Geflüchteten. Gar nicht alleine. Gar nicht wir für euch. Sondern gemeinsam. Da habe ich viel über mich und genauso viel über unsere Gesellschaft gelernt. 

Was bleibt Dir als die wichtigste Erfahrung aus dieser Zeit?

IMKE BANSE   Das ist und war eine totale Bereicherung. Wir können froh sein, so viele Kulturen hier zu haben. Menschen mit so vielen Qualifikationen, mit so viel Menschlichkeit! Das ist ein Geschenk, von dem ich nur lernen kann! Und es sind Menschen, die alles verloren haben, die schwer traumatisiert sind. Wenn ich deren Lebensgeschichte höre, merke ich immer wieder, wie gut es uns geht. Die können nicht zurück, es gibt ihr Leben nicht mehr. Rummotzen und Sozialneid verändern sich in dem Moment, wo wir ehrlich in Kontakt zu geflüchteten Menschen kommen, die persönlich kennenlernen, die zu uns gekommen sind.

Zurzeit erleben wir einen Shift in der Migrationspolitik – wie geht es Dir damit?

IMKE BANSE   Was ich fürchterlich finde, ist die Angst. Diese existentielle Angst. Die Menschen, die zu mir kommen, haben Aufenthaltstitel. Und sie müssen bangen um deren Verlängerung. Ich weiß, dass ein Staat nicht alle aufnehmen kann. Und ich weiß auch, dass Menschen ohne Bleiberecht zurückgehen müssen. Aber diese Angst, dass nachts die Polizei kommt, die ist retraumatisierend. Da leide ich sehr mit den Familien. Ich finde es verachtend, so mit Menschen umzugehen.

Die Welt verbessern – wie kann das gelingen?

IMKE BANSE   Ich habe immer gern mit Frauen gearbeitet, deshalb freue ich mich auf meine neue Aufgabe im Frauenhaus Gifhorn. In der Flüchtlingsarbeit bin ich oft über die Frauen überhaupt erst in die Familien reingekommen. Die beste Methode, die Welt zu verbessern, ist von innen heraus. Starke Frauen erziehen ihre Kinder anders. Und das verändert die Gesellschaft. Eine Frau, die weiß, wie wichtig Bildung ist, wird Wert darauflegen, dass ihre Kinder eine gute Bildung bekommen. Sie wird darauf achten, dass ihre Töchter einen Schulabschluss machen. Aber auch schöne Dinge zu machen stärkt, wir sollten nicht immer nur auf die Defizite schauen. Jahrelang haben wir zum Weltfrauentag ein Frauenfest veranstaltet. Wir haben uns Frauen gefeiert, wir haben uns das gegönnt. Einfach mal tanzen,das tut der Seele gut! 

KK-Öffentlichkeitsarbeit / F. Josuweit

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Einrichtungen und Dienste im Kirchenkreis

Unsere Beratungs- und Seelsorgeangebote sind uns nicht nur wichtig, sie sind auch vielfältig. Neben Sozialarbeit und Flüchtlingssozialarbeit leisten wir Notfallseelsorge, Altenheimseelsorge, Telefonseelsorge, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Krankenhaus- und Industrieseelsorge und manches darüber hinaus.

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TrauerCafé geht weiter

Einen geliebten Menschen zu verlieren und Abschied zu nehmen ist ein langer und kräftezehrender Weg. Manchmal hat man niemanden, mit dem man darüber sprechen kann. Deshalb laden wir einmal monatlich zu einem Trauercafé ein. Einander zuhören, mitfühlen, miteinander lachen und Freude haben, Mut für neue Schritte bekommen, das alles hat im Café seinen Platz. Eingeladen sind von Trauer Betroffene: verwitwet oder verwaist, als Lebenspartner oder -partnerin, als Kind oder Eltern, als Geschwister oder enge Freundin, enger Freund. 

Imke Banse wird das Trauercafé bis voraussichtlich Ende dieses Jahres ehrenamtlich betreuen. Es findet einmal monatlich in Wittingen statt, dienstags 15.30 – 17.00 Uhr. Unterstützt wird sie dabei von zwei weiteren Ehrenamtlichen. Um einen ersten telefonischen Kontakt zur Anmeldung wird gebeten unter Telefon 0 170 93 72 360.

Zur Person

Imke Banse war seit Mai 2023 Nachfolgerin von Frank Breust, der 36 Jahre als Kirchenkreissozialarbeiter in Wittingen tätig war. Die Diplom-Sozialarbeiterin und Diplom-Sozialpädagogin Imke Banse war zuvor acht Jahre Flüchtlingssozialarbeiterin des Kirchenkreises in Wittingen und davor fünf Jahre als Sozialarbeiterin Kollegin von Frank Breust. 

Imke Banse lebt seit über 30 Jahren mit ihrer Familie in der Region Wittingen, sie ist auch ehrenamtliche Lektorin im Kirchenkreis. Lange Jahre war sie Mitglied der Kirchenkreissynode. 

Die Stelle der Kirchenkreissozialarbeit im Norden wird voraussichtlich zum Ende des Jahres 2025 wiederbesetzt werden.