Missbrauch: Abgründe selbstkritisch bearbeiten

Nachricht 07. Februar 2022

Regionalbischof Schaede möchte Aufarbeitung in der evangelischen Kirche intensivieren

Ramelsloh/ Lüneburg. Angesichts des Missbrauchsskandals in der römisch-katholischen Kirche hat der Lüneburger evangelische Regionalbischof Stephan Schaede auch Selbstkritik geübt. Es gehe jetzt um Mut, „die ganze Zwiespältigkeit und Abgründigkeit des menschlichen Lebens, die auch in der Kirche Platz greift, selbstkritisch zu bearbeiten“. Schaede sprach am Dienstagabend (1. Februar 2022) im Rahmen des ökumenischen Abendgebets aus Anlass der St.-Ansgar-Woche in Ramelsloh.

Die Klärungsgänge um sexuellen Missbrauch in den eigenen geistlichen Reihen seien für die katholische Kirche „extrem bitter“, sagte Schaede. Geistliche Sturheit und das dickköpfige Festhalten am eigenen Amt drohe der katholischen Kirche zum Verhängnis zu werden. „Und was das Üble daran ist: Laien und Geistliche, die mit großer Leidenschaft lebenslang für ihren Glauben eingetreten sind, geraten mit unter Generalverdacht und leiden unter dem grassierenden Vertrauensverlust.“

Indes habe auch die evangelische Kirche "viel zu spät und gerade erst" mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs begonnen. Der leitende evangelische Geistliche sieht in seiner Kirche bisweilen „um sich selbst kreisende Selbstzufriedenheit“. Zudem beklagte der promovierte Theologe eine „Theologie, die ihre Wissenschaftlichkeit feiert, ohne die Frage zu stellen, was sie mit Glauben und einem zukunftsträchtigen kirchlichen Leben zu tun hat“.

Schaede forderte die Kirchen dazu auf, Gemeinschaft zu pflegen. Dazu gehöre der Traum, „das Brot miteinander geistlich und elementar menschlich zu brechen“, warb der Regionalbischof für das gemeinsame Abendmahl von katholischen und evangelischen Christen. Schließlich ermutigte Schaede zum kirchlichen Wirken in der Gesellschaft: „Der Heilige Geist ist auf den Straßen und Plätzen unserer Orte unterwegs und verschanzt sich nicht in Chorräumen und Gemeindehäusern.“

Der Heilige Ansgar (801-865) wird als erster Bischof von Hamburg und Bremen seit mehr als 40 Jahren von der katholischen Kirche in der Hansestadt mit einer Festwoche geehrt. In Ramelsloh hatte er zur Mitte des 9. Jahrhunderts ein Kloster gegründet, das den Grundstein für den Ort und die Kirche in Ramelsloh bildet. Seit mehreren Jahren ist die Ramelsloher Gemeinde daher fester Bestandteil der Hamburger St.-Ansgar-Woche, die ökumenisch begangen wird.

Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Lüneburg / Pastor Harmut Merten

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