Sie sind einfach überall. Sie hocken und fläzen sich im Bücherregal. Sie sitzen vor dem Fernseher und liegen auf dem Geschirrschrank. Sie verrenken sich auf dem Wohnzimmertisch und hängen an Blumentöpfen oder vor dem Fenster. Hasen!
Aus Porzellan, Karton oder Holz. Klar, alles Dekoration. Osterhasen. Nur die aus Schokolade fehlen noch. Bloß warum ausgerechnet Hasen? Was haben die mit der Fasten- und Osterzeit zu tun?
Wer sich die Mühe macht, im Neuen Testament nachzulesen: Fehlanzeige. Auch die Kirche ist mehr als 1500 Jahre ohne Hasen ausgekommen.
Dann gab es die Idee, die scheuen Tiere müssten es sein, die die bunten Eier verstecken. Die Hühner hätten schon genug mit dem Legen zu tun. Außerdem wüsste jedes Kind, dass deren Eier einfarbig sind.
Vielleicht, weil die Hasen bereits sehr früh im Jahr ihre Jungen bekommen? Und sich redensartlich „vermehren wie die Karnickel“?
Das soll ein Zeichen für das Leben und die Auferstehung sein? Finde ich seltsam.
Mich spricht eine andere Vorstellung an. Hasen können etwas Besonderes! Einerseits unglaublich schnell rennen – und dann auch noch Haken schlagen. Jedes Auto würde bei einem solchen Versuch unweigerlich weiter geradeaus brettern. Hasen dagegen schaffen das Unmögliche. Sie legen bei unverminderter Geschwindigkeit eine Kehre hin, die ihre Verfolger sozusagen vor die Wand knallen lässt.
Wenn die Kirche diesen Sonntag des Einzugs Jesu in Jerusalem gedenkt, dann geht sie den normalen Lebensweg nach. Ob langsam oder schnell, ob prachtvoll oder auf einem Esel: Der Tod ist schon auf der Überholspur. Das bittere Ende naht.
Gottes Absicht indes ist hasenähnlich: Er schlägt dem Tod einen Haken. Der vermeintlich sichere Gewinn auf der Zielgeraden in Jerusalem war zu früh gefreut.
So sehr ich das glaube: Gerade Jesus erwartete statt eines Triumphs die Dornenkrone und der Tod am Kreuz.
Auch ich werde hoffentlich weniger brutal, aber doch ebenso im Grab landen.
Mit einem Unterschied: Ich weiß, dass Gott einen endgültigen Haken für das Leben geschlagen hat! Und denke daran, wenn ich wieder einem Schokohasen die Ohren abbeiße.
Winfried Gringmuth ist Pastor im Ruhestand
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