Wunderschön

18. Juni 2022

Ein Junge lässt am Strand bei herrlichem Wind seinen Drachen steigen. Als seine Schnur völlig abgerollt ist, sieht man den Drachen gar nicht mehr, so hoch ist er in den Wolken verschwunden. Ein älterer Herr tritt zu dem Jungen und fragt ihn, was er da mache. „Ich lasse meinen wunderschönen Drachen steigen!”, sagt der Junge stolz. „Aber ich sehe gar keinen Drachen”, sagt der Mann. „Und wunderschön: von wegen“!  „Ich sehe ihn auch nicht”, antwortet der Junge, „und doch ist er da, ich spüre, wie er zieht.”

Was der Junge sagt, ist mir zum Bild geworden. Wie oft fragen wir Menschen danach, wo Gott ist. Er ist doch nicht zu sehen. Nein, wir sehen ihn auch nicht. Aber: um bei dem Bilde zu bleiben: hin und wieder spüren wir, „wie er zieht“: mit seiner Liebe und Treue, mit seiner Barmherzigkeit und Wahrheit zieht er unser Leben; hält er es umfangen; gibt er ihm Halt und Ausrichtung. Und Kraft für gute Entscheidungen. Und behütete Wege, wo immer wir auch sind.

Wir gehen auf die Jahresmitte zu und die wunderschönen Sommerlieder (“Geh aus, mein Herz“ EG 503, „Nun steht in Laub und Blüte“ EG 641) erinnern uns daran, dass wir allen Anlass haben, uns an der Natur und ihren Schönheiten zu erfreuen. Und so wie man auf der Höhe des Tages innehält, um sich zu stärken, so soll es auf der Höhe des Jahres auch sein: eine Stärkung tut not und die Vergewisserung: hinter all dem Schönen und Schweren, das wir erleben, steht Gottes bewahrende und behütende Hand. Und so ermuntert uns der erste Sonntag der ‚festlosen Zeit‘ im Kirchenjahr, unsere Augen und Ohren und alle Sinne zu öffnen, um achtsam zu bleiben für Gottes Stimme, für seine unaufgeregte Begleitung, die oft auch ganz im Verborgenen geschieht; und für die Menschen um uns herum mit ihren Freuden und ihren Nöten.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie spüren, „wie Gott zieht“. Der Pfarrer und Kirchenliederdichter Detlev Block hat das in seinem Sommerlied (EG 641) so formuliert: „Der Sommer spannt die Segel und schmückt sich dem zu Lob, der Lilienfeld und Vögel zu Gleichnissen erhob. Der Botschaft hingegeben stimmt fröhlich mit uns ein: Wie schön ist es, zu leben und Gottes Kind zu sein!“

Helmut Kramer ist Pastor in Ehra-Lessien

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Helmut Kramer
Pastor Helmut Kramer
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