An diesem Wochenende wird in christlichen Gemeinden das große Fest der Hoffnung, der Verständigung und des Heiligen Geistes begangen: Pfingsten. Wie war das laut Bibel in damaliger Zeit:
Die Jüngerinnen und Jünger sitzen beieinander – da kommt vom Himmel her ein Brausen und Feuerzungen erscheinen, und die Jünger fangen an, in verschiedenen Sprachen zu sprechen. Und ein Wunder geschieht: Menschen aus aller Welt verstehen sich. Verschiedene Sprachen, aber ein Geist. Unterschiedliche Herkunft, aber ein gemeinsames Staunen. Wenn es bloß so einfach wäre.
Wenn der Heilige Geist einfach vom Himmel käme – sichtbar, hörbar, spürbar... Wenn er uns einfach ergreifen und unsere Worte leiten, unsere Herzen verbinden würde, aber so leicht ist es nicht. Heute sitzen wir nicht mehr zusammen in einem Obergemach in Jerusalem.
Wir leben in einer Welt, in der Missverständnisse eher zunehmen als abnehmen. Wo Worte aneinander vorbeigehen, wo Sprachlosigkeit sich breitmacht, wo jede und jeder in seiner eigenen Blase lebt.
Manchmal sehnen wir uns danach, dass Gott eingreift. Dass er endlich wieder dieses große Pfingst-Zeichen setzt. Ein Sturm vom Himmel, der alles aufrüttelt, alles klärt und gut macht.
Aber vielleicht zeigt diese Bibelgeschichte, dass Pfingsten nicht die Auflösung aller Probleme war – sondern der Anfang eines neuen Weges? Denn was tun die Menschen, nachdem sie sich plötzlich verstehen? Sie fangen an zu fragen. Und sie zweifeln. Einige staunen – andere spotten. „Was soll das bedeuten?“, fragen sie. Andere sagen: „Die sind betrunken“.
Es ist also gar nicht so einfach. Auch an Pfingsten mit Heiligem Geist nicht. Die Verwirrung ist nicht auf einen Schlag beseitigt. Aber etwas Neues beginnt. Der Heilige Geist löst nicht alle Konflikte, sondern macht uns fähig, anders mit ihnen umzugehen.
Er ist nicht die magische Antwort auf alle Fragen. Aber er gibt uns Kraft, weiterzufragen.
Er schenkt nicht die perfekte Harmonie – aber er eröffnet Möglichkeiten der Begegnung.
Die Apostelgeschichte erzählt uns keine fromme Fantasie, sondern vom Wachsen, vom Ringen um Veränderung. Die Gemeinde wächst durch Begegnung, durch Diskussionen, durch das gemeinsame Hören auf den Geist Gottes – und durch den Mut, auch ohne fertige Antworten loszugehen. Pfingsten ist nicht: Alles ist plötzlich gut. Pfingsten ist: Jetzt können wir anfangen.
Wir können anfangen, einander zuzuhören. Wir können anfangen, andere Sprachen zu lernen – nicht nur wörtlich, sondern auch im übertragenen Sinn: die Sprache eines anderen Lebens, eines anderen Denkens, der anderen Erfahrung.
Wir können damit anfangen, Brücken zu bauen – nicht, weil das so einfach ist, sondern weil der Geist Gottes uns dazu befähigt.
Der Heilige Geist ist kein Sturm, der alles hinwegfegt. Er ist ein Atem, der uns antreibt und bewegt.
Wir dürfen hoffen. Wir dürfen zweifeln. Wir dürfen beten:
„Komm, Heiliger Geist – auch wenn es nicht einfach ist. Komm, und bewege uns.“ Amen.
Florian Herterich ist Pastor in Radenbeck, Zasenbeck, Knesebeck, Eutzen, Vorhop und Schöneworde
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