Alle Augen warten auf dich

04. Oktober 2025

Wenn ich in diesen Tagen durch unsere Region gehe, sehe ich: die Felder sind abgeerntet, Kartoffeln, Weizen und mehr sind eingefahren, und es ist eingelagert, was die kargen Heide-böden hervorgebracht haben. Mir ist bewusst: Dahinter steht die Arbeit vieler Hände – Landwirtschafts-Betriebe und Familien, Fahrer und andere. Es ist klar, dass wir in einer Ab-hängigkeit zur Natur stehen; und zu denen, die sie bewirtschaften. Zugleich ist klar: Ob es genug regnet oder nicht, ob die Sonne scheint oder nicht, liegt außerhalb der Reichweite un-seres Einflusses. 

Darum feiern wir Erntedank in dieser Zeit. Für mich bedeutet Erntedank: sehen, fühlen, schmecken, riechen und hören, was uns geschenkt ist. In den Kirchen kommen dieser Tage Äpfel, Birnen, Nüsse, Kürbisse, Brotlaibe und mehr an. Mitten in dieser Fülle hören wir das Bibelwort: „Aller Augen warten auf dich, Herr, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit“ (Psalm 145,15). Dieses Vertrauen ist in unserer Region tief verwurzelt. Ich spüre, wie sich viele hier noch erinnern und auch danach leben, wie es in Tischgebeten heißt: „Alle gute Gabe, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir. Wir danken dir dafür.“ 

In solchen Traditionen wird die Erinnerung wachgehalten, dass wir angewiesen bleiben auf Gottes Güte. Denn wir wissen: Dürren, Starkregen, ein Sommer wie der letzte bedrohen schnell einmal die Ernte. Umso mehr gilt es, dankbar zu sein – für das, was wächst, und für die Menschen, die es hervorbringen. Erntedank bleibt nicht beim Schauen und Staunen ste-hen. Der Prophet Jesaja erinnert uns auch: Wer sein Brot teilt, wer Hungrige satt macht und Bedürftigen beisteht, der erfährt selbst Heilung. „Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte“ […] (Jesaja 58,8a). Teilen heilt – die anderen und auch uns selbst.

In unserer Region geschieht das praktisch: bei den Tafeln, die Lebensmittel weitergeben, bei den Kleidersammlungen in den Gemeindehäusern, im Ehrenamt vieler, die ihre Zeit ver-schenken. Wer teilt, erfährt, dass das Leben reicher wird; dass Hoffnung wächst und Gottes Licht durchscheint. So lädt Erntedank ein, beides zusammenzubringen: die Dankbarkeit für die Schöpfung und die Freude am Teilen. Wir können genießen, was uns gegeben ist – und zugleich anderen Anteil darangeben. Dann wird Erntedank zum Fest des Lebens.  Zu Gott will ich dann beten: Gott, wir danken dir für das, was unser Land hervorbringt. Lass das Brot, das wir teilen, zum Segen für alle werden – für die, die wenig haben, und für uns selbst. Schenke uns offene Augen für deine Gaben und offene Herzen für unsere Mitmenschen.
Amen.

Patrick Haase ist Pastor im Osten des Isenhagener Land

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Pastor Patrick Haase
Kirchstr. 1
29379 Wittingen-Knesebeck