Seit Monaten fahre ich an den drei grünen Kreuzen zwischen Alt Isenhagen und Hankensbüttel vorbei: „Ideologie, Inkompetenz, Populismus“. Ich weiß nicht, wer sie aufgestellt hat. Sie sind sicher als Anklagen gegen Bereiche der Agrarpolitik gedacht. Ich kenne mich da nicht aus.
Aber dass oft ideologisch, inkompetent und populistisch gehandelt wird, das finde ich auch. Und das nicht nur in Landwirtschaft und Naturschutz. Ideologisch ist, wer festen Wertungsrastern folgt und sich einer offenen Diskussion verschließt. Inkompetent ist, wer für alles Mögliche eine Meinung hat, obwohl er sich nicht auskennt. Und populistisch ist, wer nur den Beifall der Leute sucht.
Ich brauche nicht erst in die politisch-mediale Landschaft zu schauen, um diese Kommunikationsgifte zu finden. Das Denken in Schwarz/Weiß ist eine Versuchung, die uns in die Wiege gelegt ist. Es vereinfacht die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung.
In unserem modernen Leben muss ich aber nicht für alles und jedes eine schnelle Meinung haben. Es geht nicht mehr um Bedrohungslagen, etwa durch Raubtiere, in der die Menschen über tausende Jahre hinweg schnelle Entscheidungen treffen mussten.
Und um ehrlich zu sein: Für die allermeisten Themen habe ich nicht genug Wissen. Das geht allen so. Aber die Versuchung, Kompetenz vorzuspielen, ist zu groß. Das führt zu einem Verstärkungsprozess, in dem sich mediale Erwartungen und politische Erfüllungen gegenseitig aufschaukeln: Ideologie, Inkompetenz, Populismus.
„Prüfet alles und das Gute behaltet!“ schreibt Paulus in der Bibel (1. Thess. 5, 21). Und finde ich das Gute nicht gleich, prüfe ich eben fröhlich weiter! Mein Leben wird nicht grau, wenn ich auf die Versuchung von Schwarz/Weiß verzichte, sondern bunt!
Die Weihnachtsgeschichte erinnert mich daran: Jesus Christus zieht in die Zwischentöne meines Alltags ein. Dort nimmt er Wohnung. Und bleibt.
Dr. Heinrich Springhorn ist Pastor in Hankensbüttel und Sprakensehl
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