Im Schlaf

27. September 2025

Meine Oma hatte so ihre Sprüche. „Und alles mit links“ war einer davon. Ich bin Linkshänder und hatte damals in der Schule keine größeren Probleme. Offenbar hatte Oma den Eindruck gewonnen, dass ich das alles „mit links“ schaffe, also nicht nur mit der linken Hand schreibend, sondern auch mehr oder weniger mühelos. Meistens schob sie dann noch einen Satz hinterher: „Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.“

Ob sie wusste, woher dieser Spruch kommt, weiß ich nicht. Er ist aus dem Psalm für diesen Sonntag genommen: »Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wenn der HERR nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst. Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf.« (Psalm 127,1–2)

In Groß Oesingen bauen wir gerade. Für die Verhältnisse einer vergleichsweise kleinen Kirchengemeinde sogar ziemlich groß, gemeinsam mit der Samtgemeinde. Ein Haus fürs ganze Dorf soll es werden. Insgesamt läuft der Bau gut, würde ich sagen. Größere Ausfälle hat es bislang nicht gegeben. Die Gewerke greifen manchmal erstaunlich präzise ineinander, eins baut auf dem andern auf, es ist eigentlich immer Betrieb auf der Baustelle. Bald feiern wir Richtfest.

Nur eins konnte ich noch nicht feststellen: dass das alles „im Schlaf“ passiert. Im Gegenteil: Es gibt mindestens eine Handvoll Leute, die wachsam darauf achten, dass alles passt und nichts in eine völlig falsche Richtung läuft, die überlegen und bedenken und überprüfen. Und es sind da lauter Handwerker, die ihre Sache aufmerksam und gewissenhaft machen. Von Schlaf keine Spur. Da gibt es keine Nachlässigkeiten. Und wenn doch einmal, dann werden sie entdeckt und korrigiert.

Im Psalm ist auch nicht gemeint, dass man beim Hausbau nachlässig sein solle oder dass sich so ein Haus von alleine baut. Auch meine Oma wollte mir bestimmt nicht sagen, ich könne mich getrost auf die faule Haut legen. Der Gedanke ist eher: Alles, was ich tue, hat seine Grenzen. Ich kann mir noch so sehr Mühe geben – beim Bau eines Hauses, und noch viel mehr beim Bau meines „Lebenshauses“, brauche ich auch ein bisschen Glück. Oder Gottes Zutun, je nachdem. Das war bei mir damals in der Schule nicht anders, es hätte alles viel unglücklicher laufen können.

Und dieses Glück habe ich nur „im Schlaf“. Ich kann es nicht selber machen, nicht garantieren, nicht heraufbeschwören. Es stellt sich einfach ein. (Oder manchmal auch nicht.) Und wenn es da ist, dann ist es ein guter Anlass, fröhlich und dankbar zu sein und voller Zuversicht darauf zu vertrauen, dass all mein Tun nicht umsonst ist.


Karsten Heitkamp ist Pastor im Westen des Isenhagener Landes

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Foto: Jens Schulze
Pastor Karsten Heitkamp
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Tel.: 05838 232