"Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen." (Joh 6,37).
Schön wär’s! Wenn der geistliche Groschen dieser Tage in diese Richtung fallen müsste. Ja, Du, Ihr könnt kommen. Alle sind willkommen. Niemand wird abgewiesen. Nur, mit dem Kommen ist das so eine Sache. Viele Leute sind recht zaghaft damit geworden. Die Kirchen laufen nicht über. Wegen der elend langen Corona-Fahrt dürfen sie das nicht einmal an Heilig Abend tun. Gemein. Dass in der Kirche niemand abgewiesen wird, diese Neuigkeit braucht die Welt nicht. Sie hat wahrscheinlich auch nicht den Eindruck, dass die Gefahr der Abweisung durch die Kirche bestünde.
Der Welt ist blöderweise kaum danach zumute zu kommen. Müsste an den Kirchentüren nicht eher stehen: „Lauft nicht davon, lauft Gott nicht davon!“? Diese Rolle der flehentlichen Bittstellerin ist eigentlich unerträglich. Es ist schwer zu verstehen, weshalb das so ist. Warum zieht der Ruf aus dem Johannesevangelium hierzulande nicht die Mengen an? Damals bei Johannes haben diese Worte 5000 Menschen auf einen Schlag elektrisiert. Jesus will die, die kommen, nicht abweisen. Auch heute. Aber vielleicht, so hat im vorigen Jahr ein mutiger Theologe gemeint, weist Gott seine Kirche ab, ist amtsmüde mit ihr, gibt sie in dieser Gestalt auf. Da, so denkt Gott, gehen die meisten nicht mehr hin, die zu mir kommen wollen. Jesus ist woanders unterwegs.
Das ist klug kombiniert. Schmaler werdende Kirchen könnten für einen Gott sprechen, der sich abgewandt hat. – Aber ich sage: Nein, auf keinen Fall! Dafür habe ich immer und immer wieder erlebt, wie Menschen in unserer Kirche verinnerlichen, was im Johannesevangelium geschrieben steht: Sich im Namen des Jesus von Nazareth versammeln, das von ihm gesegnete Leben feiern, sich in seinem Namen für andere einsetzen, geniale Ideen haben, Dinge erproben...
So gibt mir die Jahreslosung eine Übung auf, die es in sich hat: Einer Gott und der Kirche gegenüber haarsträubend abweisenden, weil desinteressierten Welt, in die Parade fahren. Und ihr an Herz und Verstand bringen, dass Gott sie selbst dann nicht abweist. Es lohnt sich auch für sie sich aufzumachen. Und endlich zu kommen.
Dr. Stephan Schaede ist Regionalbischof des Sprengels Lüneburg