„Iss, was gar ist. Trink, was klar ist. Red, was wahr ist!“ Eine Tasse mit diesem Spruch Luthers ist das Einzige, was mir aus dem 500jährigen Reformationsjubiläum vor 7 Jahren geblieben ist. Neben einigen ‚Hallo Luther!‘-Buttons.
Ein Jahr nach dem großen Jubiläum wurde der Reformationstag zum gesetzlichen Feiertag. Aber nicht aus religiösen oder gar christlichen Gründen. Die norddeutschen Bundesländer wollten das Feiertags-Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd ausgleichen. Der Reformationstag ist sozusagen das norddeutsche Fronleichnam. Er machte in Niedersachsen das Rennen gegen den Internationalen Frauentag am 8. März und den Tag der Befreiung von der Nazidiktatur am 8. Mai, weil andere Bundesländer ihn bereits eingeführt hatten und man eine gleichmäßige Feiertagsstruktur im Norden wollte.
Als lutherischen Christen erinnert mich der Reformationstag an die Rechtfertigungslehre, die Luther wiederentdeckt hat. Schon vor 500 Jahren waren die Leute auf einem Selbstoptimierungstrip. Das scheint in der menschlichen Natur zu liegen. Nicht im Beautyshop oder Fitnesscenter war man damals unterwegs, sondern im religiösen Gutmenschentum: Ich tue gute Werke noch und nöcher. Und wenn das nicht reicht, gebe ich Geld, um den Mangel am Guttun auszugleichen. Das alles, um am Ende optimal dazustehen, vor mir selbst, vor Gott, vor der Welt.
Schon damals hatte es dieselben Begleiterscheinungen: Viele fühlten sich moralisch überlegen, verurteilten andere und waren innerlich unfrei. Sie sonnten sich im Glanz ihrer Exzellenz, fürchteten aber die Implosion ihrer inneren Leere. Sie ignorierten die Bescheidenheit, die uns allen als Geschöpfen Gottes geziemt.
„Red, was wahr ist!“ Die Wahrheit ist einfach: Gott findet Dich gut. Auch wenn Du Dich nicht gut findest. Oder nicht gut genug.
Dr. Heinrich Springhorn ist Pastor in Hankensbüttel und Sprakensehl
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