Die Sonne schimmert in diesen Tagen durch Spinnenweben hindurch, dahinter die St. Katha-rinenkirche in Knesebeck. Es ist, als ob einer zu mir sagen würde: „Hallo, Patrick, ich bin es, und ich bringe den Altweibersommer zu dir!“ Zumindest kommt es mir so vor, wenn ich mit einem Becher Tee in den Händen zurzeit hinausschaue aus dem Pfarrhausfenster.
Dieser Begriff - Altweibersommer - beschäftigt mich. Das ist nicht nur so, weil wir uns eindeutig diesem Wetterphänomen gegenübersehen. Meteorologisch ist glasklar, was gerade passiert: Auf frostige Temperaturen und Regenfluten folgen Sonnenschein und Werte bis zu 26 Grad. Das ist ein Segen gerade für die überfluteten Regionen im Osten und Süden.
Doch mich interessiert vor allem, was der ‚Altweibersommer‘ mir sagt und für mich bedeuten kann? Wenn man dem deutschen Wetterdienst glaubt, kommt der Begriff vom ‚weiben‘; ein altdeutsches Wort für ‚weben‘. Spinnen nutzen den warmen Aufwind dieser Zeit, um durch die Luft zu reiten. Dadurch entstehen zahlreiche Netze, die in der Sonne glitzern und schimmern. Manch einer sieht hier wiederum eine Verbindung zu den alten Weibern, älteren Damen also. Schließlich schimmern auch ihre Haare grau im Sonnenlicht; so wie die Spinnenfäden es tun.
Ich halte jedoch die Erklärung mit dem Weben für eingängiger. Hier besteht eine Verbindung zu dem Namen dieses Wetterereignisses in anderen Sprachen. In Spanien beispielsweise nennt man dieses Wetter ‚veranillo de San Miguel‘, Michaelssommerlein. Der Heilige Michael erinnert alljährlich daran, das Böse zu vertreiben und Gutes zu erhoffen. Bei den gan-zen Spinnenweben scheint mir das eine bewusste Wahl. Denn schließlich muss man kein Halloween-Fan sein, um Spinnen für ein böses Omen zu halten. So ist es naheliegend, dass wir uns gerade in diesen Tagen die Nähe und Wohligkeit wärmerer Jahreszeiten zurückwünschen.
Andererseits heißt es auch schon in der berühmten Aeropag-Rede von Paulus in der Bibel: „Fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir.“ (Apg 17,27f.) Da kommen die Spinnen etwas besser weg. Es sei Ihnen gegönnt. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen einen guten Altweibersommer. Nutzen Sie die letzten warmen Tage dieses Jahres und seien Sie gewiss: Das Leben und Weben geht weiter, auch wenn es wieder kälter wird. Schließlich ist es das, was Gott uns verspricht jeden Tag.
Patrick Haase ist Pastor in Knesebeck
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