Kindergebete

09. Mai 2021

„Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“ Als ich Kind war, sollte es abends besonders schnell gehen. Mit so etwas wie Gebeten wollte ich mich offenbar nicht länger als nötig aufhalten. Vielleicht habe ich schon damals einen gesunden Schlaf zu schätzen gewusst und nicht so sehr das Gewese drumherum. Das Schlafen gehört noch immer zu meinen größten Stärken.

In meiner Kindheit war es eher eine lästige Übung, die unsere Mutter mir und meinen Geschwistern beigebracht hat: Ihr war das Beten wichtig, nicht nur abends, wenn wir ins Bett gingen, sondern zum Beispiel auch mittags vor dem Essen. Ich glaube, still für sich hat meine Mutter auch noch zu anderen Gelegenheiten gebetet. Sie war eine fromme Frau.

Ich bin noch nie ein großer Beter gewesen. Über manche Strecke meines Lebens habe ich nicht regelmäßig gebetet. Mir geht es da so wie wahrscheinlich vielen anderen Menschen auch: Wenn die Not nicht drückt, gerät das Beten in Vergessenheit. Das ist so wie mit den lieben Freunden, denen man eigentlich dringend mal wieder einen Brief schreiben müsste – und am Ende kriegt man noch nicht mal eine Kurznachricht zustande. So verliert man sich irgendwann aus den Augen.

Wer nicht betet, verliert Gott aus den Augen. Seit ein paar Monaten bete ich wieder regelmäßig. Jeden Abend, am Bett meiner Tochter: „Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe meine Augen zu; Vater, lass die Augen dein über meinem Bette sein.“ Sie ist noch nicht alt genug, um überhaupt ein Wort davon zu verstehen. Aber vielleicht merkt sie irgendwann, dass es trotzdem gut ist und nicht nur eine Pflichtübung, die man möglichst kurz halten sollte. Demnächst sollten wir mal mit den Tischgebeten anfangen.

An diesem Sonntag geht es ums Beten. „Rogate“ heißt er: „Betet!“ Ich denke immer wieder mal über mein eigenes Beten nach. Manchmal wünsche ich mir, dass ich im Beten etwas besser wäre. Aus mir brechen die Gebete leider nicht hervor; ich breche mir oft genug eher einen ab, wenn ich versuche zu beten. Eigentlich bin ich im Moment ganz froh, die Krücke mit den Kindergebeten zu haben.

Weil sie mich in ihrer Schlichtheit und Regelmäßigkeit daran erinnern, den Faden zu Gott nicht ganz abreißen zu lassen.

Karsten Heitkamp ist Pastor in Steinhorst und Groß Oesingen

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Foto: Jens Schulze
Pastor Karsten Heitkamp
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