Auf wackligen Füßen

23. August 2025

Mir stockt der Atem. Ich suche im Internet nach Informationen zur aktuellen Lage in Israel-Palästina. Da sehe ich Bilder von zerstörten Gebäuden im Gaza-Streifen. Alles grau und dunkel. Plötzlich treffe ich auf Bilder in grellen Farben: rot, pink, gelb. Gemalte Bilder von jüdischen Siedlungen, bevor sie am 7. Oktober von den Terroranschlägen getroffen wurden. Eine Hochschule in Jerusalem sammelt mit diesen extra angefertigten Bildern Spenden für die Opfer. Diese Orte sollen durch die Kunstwerke auch anders erinnert werden: als Orte des Lebens, der Schönheit und der Hoffnung. 

Allein der farbliche Kontrast trifft mich. Wie kann in all der Grausamkeit an Farbe und Leben gedacht werden? Wieviel Kraft fordert diese Sicht? Kann es bei diesem Konflikt wirklich Hoffnung geben?

An diesem Sonntag wird in vielen Kirchen der Israelsonntag begangen. Er beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Christenmenschen und dem jüdischen Volk. Ein belastetes Verhältnis. Noch komplizierter seit der Zerstörung des Gaza-Streifens nach den Terroranschlägen der Hamas vor knapp zwei Jahren. Am Israelsonntag wird oft an das grundlegende jüdische Glaubensbekenntnis, das „Höre, Israel“, und das darauf beruhende höchste christliche Gebot erinnert. Letzteres zieht zwei jüdische Kernsätze zusammen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben von ganzem Herzen … und den Nächsten wie dich selbst!“ 

Beides wird für mich durch die Kampfhandlungen im Gazastreifen wie die andauernde Geiselhaft in Frage gestellt: Schließt die Liebe zu Gott und den Mitmenschen nicht solche Gewalt aus? Da kann ich mich nur einem Gebet anschließen, das für diesen Israelsonntag von Ann-Kathrin Hasselmann geschrieben wurde: 

„Gott, auf wackligen Füßen stehen wir vor dir. Der Frieden in der Welt wankt. Das Miteinander der Menschen wankt. Unser Mut, all den schlechten Nachrichten etwas Gutes entgegenzusetzen, wankt. Auch manches in unserem eigenen Leben wankt. Gott, du weißt es und siehst es. Darum kommen wir zu dir und bitten dich: Erbarme dich und halte uns. Amen.“

Christian Berndt ist Superintendent des Kirchenkreises Wolfsburg-Wittingen

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Foto: Jens Schulze
Superintendent Christian Berndt
An der Christuskirche 7
38440 Wolfsburg