An diesem Sonntag begehen wir den Tag des Erzengels Michael und aller Engel, kurz Michaelis genannt. Na ja, wir begingen. Der Michaelistag hat längst nicht mehr die Bedeutung, die er früher einmal hatte. Da markierte er in vielen Gegenden den Abschluss der Ernte, deshalb wurden zu diesem Termin auch die Pachten fällig. Bis vor ein paar Jahren haben wir das Erntedankfest immer am Sonntag nach Michaelis gefeiert. Als vor Jahrzehnten die Schuljahre noch an Ostern begannen, endete an Michaelis das erste Schulhalbjahr. Immerhin, an Universitäten fängt dieser Tage auch heute noch das Wintersemester an. Und gerade eben erst ist die Tagundnachtgleiche gewesen, jetzt sind die Nächte für ein halbes Jahr wieder länger als die Tage, und es wird Zeit, das künstliche Licht einzuschalten.
Von Engeln ist in der Bibel immer wieder die Rede. Manche werden mit Namen genannt, zum Beispiel Gabriel, der Maria die Geburt ihres ersten Kindes ankündigt. Oder eben Michael. Ihn bezeichnet die Bibel als ‚Erzengel‘, er ist also unter all den Engeln, die es sonst noch gibt, in einer Art leitender Position tätig. Und scheint in seinem Beruf auch erfolgreich zu sein: In der Offenbarung des Johannes kämpft Michael gegen den ‚alten Drachen‘ und besiegt ihn – am Ende wird der Teufel aus dem Himmel rausgeschmissen.
Nicht alle Engel kommen so streitbar daher wie Michael. Wenn von Engeln die Rede ist, dann stellen sich die meisten Leute wahrscheinlich eher liebliche, sanfte Wesen vor. Dargestellt werden sie ja oft mit Flügeln, in der Weihnachtszeit bevölkern sie unsere Wohnungen, und das liegt nicht nur an Gabriel, sondern auch an den himmlischen Chorscharen, die in der Heiligen Nacht den Hirten auf dem Feld erscheinen. Ob das so Glitzerputten waren? Dann hätten sie in der DDR am Ende doch recht gehabt, wo Engel angeblich offiziell ‚Jahresendflügelfiguren‘ hießen.
Die Bibel jedenfalls hat ein völlig anderes Bild von Engeln. Die treten da oft mit einer ziemlichen Wucht auf und nicht so verhuscht, wie wir sie manchmal machen. Und immer mit einer sehr klaren und zuweilen lauten Botschaft. Und das ist ja auch ihre Aufgabe, dafür sind sie da, deshalb heißen sie Engel. Das kommt aus dem Lateinischen, von angelus, auf deutsch: Bote. Sie überbringen eine Botschaft. Engel haben kein Eigenleben, sondern sie leben aus der Botschaft und für die Botschaft, die sie mitzuteilen haben. Und, Gott sei Dank, es ist eine gute Botschaft. Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass Engel Flügel haben, dann wohl dafür, diese gute Botschaft von Gott im Himmel zu uns auf die Erde zu transportieren.
Können mir in meinem Leben Engel begegnen? Viele haben ja die Vorstellung, dass es Engel gibt, die sie vor Unfällen oder anderem Schaden behüten. Von Schutzengeln ist dann die Rede. Ich will gar nicht abstreiten, dass Engel vielleicht auch solche Auftritte haben. Ich frage mich bloß, was mit all den Menschen ist, die trotzdem Leid und Schmerz erfahren müssen. Haben die dann keinen Schutzengel gehabt? Ich glaube eher, wenn Gott seine Engel zu uns schickt, dann nicht – oder wenigstens nicht nur –, um uns vor Schlimmem zu bewahren, sondern vor allem, um in der Not bei uns zu sein. Das ist nämlich das Wichtigste: dass ich nicht allein bin, wenn es schlecht um mich steht, sondern dass da jemand ist mit guter Botschaft, die sich nicht unterkriegen lässt.
Karsten Heitkamp ist Pastor im Westen des Isenhagener Landes
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