Andacht zum Dienstag

24. März 2020

"Plaster" hatte unsere drei- vielleicht vierjährige Enkeltochter gesagt. "Pflaster" konnte sie damals noch nicht richtig aussprechen. Wir standen vor dem Altarbild unserer St. Stephanus-Kirche in Wittingen.

Im Zentrum: Jesus am Kreuz umgeben von sieben kleinen Engeln. "Aua!", hatte Lea gerufen und auf die Hände und Füße des Gekreuzigten gezeigt. Sie hatte schon die Erfahrung gemacht, wie das ist, wenn man blutet. Meistens tut das weh! - Ich überlegte: wie kann ihr das erklären? Das mit dem Kreuz, das der da zu tragen hat. Das mit dem Leid, das Menschen zu tragen haben? Das Menschen über andere bringen?

Während ich noch überlegte, zeigte Lea auf die sieben kleinen Engel, die den Jesus am Kreuz umgeben. Über die Arme gelegt tragen sie weiße Spruchbänder mit den sieben Worten, die Jesus am Kreuz gesprochen hat: "Mein Gott, warum hast Du mich verlassen!" aber auch: "Gott, in Deine Hände befehle ich mich!" "Die haben ein Plaster!" Ein Pflaster, meinte sie. Denn das hatte sie ja schon selbst erlebt, wenn sie sich gestoßen, verletzt hatte: da waren die Mutter, der Vater, die Oma...verbanden die Wunde und nahmen sie in den Arm. So wurde der Schmerz erträglicher und die Tränen getrocknet.

Seither ist mir das Wort aus dem 91. Psalm noch wichtiger: "Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie Dich behüten auf allen Deinen Wegen." Engel, das müssen eben nicht Wesen mit Flügeln sein, hatte der Dichter Rudolf Otto Wiemer einmal notiert. Nein, sie haben ganz gewöhnliche Namen. Und vielleicht begegnen sie uns dieser Tage in der Gestalt von Schwestern, Ärzten, Pflegern, von Freunde und Nachbarn, die sich nach uns erkundigen und auch uns wissen lassen: Du bist nicht vergessen!    

Martin Berndt ist Superintendent im Ruhestand

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Superintendent i.R. Martin Berndt